21Jun

Blickwinkel

Eine von der REGIO in Auftrag gegebene Studie bringt es klar zum Ausdruck: Regional genutzte Hallenbäder sollen auch regional finanziert werden. Dazu wird beabsichtigt, ein gemeindeübergreifendes Verbundsystem zu schaffen. Gemeinden, welche keine Hallenbäder betreiben, werden – nach der aktuell angedachten Tarifierung – einen Beitrag in der Grössenordnung von rund acht Franken je Einwohner zu leisten haben. Der finanzielle Beitrag beruht auf Freiwilligkeit. Freiwilligkeit bedeutet aber in diesem Fall nicht Grosszügigkeit. Möchte eine Gemeinde nämlich bei diesem Verbundmodell nicht mitmachen, werden die Hallenbad-Besucher aus dem widerspenstigen Gemeindegebiet mit einem höheren Eintrittspreis abgestraft.

Der Betrieb eines Hallenbades ist ein kostenintensives Unterfangen. Der Kostendeckungsgrad der einzelnen Einrichtungen in der Region ist unterschiedlich, ein finanzielles Defizit bleibt bei allen Betreibern feststellbar. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Eintritten vermögen die hohen Ausgaben entsprechend nicht zu decken. Die nicht gedeckten Kosten verbleiben somit bei der Standortgemeinde als Aufwand. Da die Benutzung von Hallenbändern sich nicht auf die Einwohner einer Gemeinde beschränkt, bleibt die Frage der Kostenbeteiligung von Gemeinden, welche kein eigenes Bad betrieben, an sich durchaus legitim.

Trotzdem, mich stört Folgendes: Auch die Gemeinde Goldach stellt zahlreiche Infrastruktur für die Allgemeinheit zur Verfügung, welche nicht kostendeckend betrieben werden kann. Zu erwähnen ist der Begegnungsplatz Kellen mit einem grossen Spielplatz, der von Kindern aus der ganzen Region besucht wird. Oder das Freibad Seegarten mit einem jährlichen Betriebsdefizit von über Fr. 200’000.00, welches durch die Gemeinde Goldach ausfinanziert wird. Das Bad steht hingegen allen Besuchern zum gleichen Einzel-Eintrittspreis offen, unabhängig vom Wohnsitz. Es mutet somit ein wenig seltsam an, wenn die Benützung der Hallenbäder als Sonderfall mit regionaler Finanzierung qualifiziert wird im Wissen darum, dass vor allem die grösseren Gemeinden unter ganz verschiedenen Titeln finanzielle Lasten tragen, welche keiner regionalen Beteiligung zugänglich sind. Das Freibad Seegarten oder der Begegnungsplatz sind prominente Beispiele, aber längst nicht die Einzigen: In unserer Gemeinde betrachten wir die Bereitstellung von Arbeitsplätzen als wichtigen volkswirtschaftlicher Auftrag und bemühen uns aktiv um die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben. Eine solche Absicht ist mit Nachteilen wie Lärm und Verkehr verbunden. Wie viel einfacher bliebe es hingegen, sich ausschliesslich dem Wohnungsbau zu verschreiben und damit das kommunale Steuersubstrat zu optimieren. Bloss, ist dies nachhaltig und im Sinne einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung angezeigt? Wohl kaum. Auch Gemeinden wie Rorschach, welche mit hohen Sozialkosten konfrontiert sind, fragen unter diesem Blickwinkel wohl zu Recht nach der interkommunalen Solidarität. Der soziodemographische Lastenausgleich vermag die Standortnachteile wohl kaum aufzuwiegen.

Eine gerechte horizontale Lastenverteilung unter den Gemeinden ist kaum realistisch. Und vielleicht auch nicht ein geeignetes Instrument zur ausgleichenden Regulierung. Letztlich soll jede Kommune selber entscheiden, welche Infrastruktur sie bereitstellen und damit finanzieren möchte. Gewisse spezifische Lasten von Zentrumsgemeinden oder Städten sind somit kaum vermeidbar. Geradezu sachfremd wirkt es demgegenüber, einen einzelnen Bereich wie den Betrieb eines Hallenbads als regionalen Sonderfall zu betrachten und damit eine Scheingerechtigkeit zu stipulieren. Selbst wenn die Studienverfasser das gewählte Thema lediglich als «ersten Anwendungsbereich» einer möglichen interkommunalen Solidarität beschreiben.

Möchte man wirklich den Versuch wagen, der Thematik annähernd gerecht zu werden, müssten eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse von Infrastrukturen mit regionalem Nutzen erstellt werden. Auch die Bereitstellung von Arbeitsplätzen für die Region und viele weitere Kriterien müssten Eingang finden in einen glaubwürdigen Nachteilsausgleich. Verbunden mit der Idee und auch der Konsequenz, dass sich die Gemeinden in ihren Planungen weniger am individuellen Vorteil und viel eher am Nutzen für das Gemeinwohl orientieren müssten.

 

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