portrait dominikgemperli web3 - Ins Körbchen

Domimik Gemperli

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Immer häufiger hört man, dass Eltern ihre Kinder oder sich selber in einer Weise massregeln, dass Mobiltelefone zu bestimmten Zeiten abgegeben werden müssen. Ich habe sogar Bekannte, welche die Handys vor dem gemeinsamen Mittagessen einsammeln und in einem eigens dafür bereitgestellten Körbchen deponieren. Ähnlich wie der Hund, haben sich auch die zahllosen Mobiltelefone auf ihrem Ruheplatz einzufinden und sich einer wohlverdienten Pause zu widmen.

In meiner Kindheit haben wir uns oft die Nachrichten im Radio angehört. Zum “Mittagessen” übrigens, und nicht zum”Lunch”. Wir bedienten uns nämlich deutlich weniger Anglizismen in unserer Sprechweise. Auch andere Regeln hatten Gültigkeit. Den besten Freund durfte man frühestens um halb zwei Uhr telefonisch kontaktieren, um das Nachmittagsprogramm zu besprechen. Natürlich stand dazu genau ein einziges Telefon zur Verfügung, zuerst mit Drehscheibe und später sogar ein Apparat mit Funkverbindung zum Basisgerät. Heute hat fast jeder sein Mobiltelefon und nicht einmal die Schwiegermutter geniert sich, einen Anruf um die Mittagszeit auf das Handy zu tätigen. “Ins Körbchen” also mit den Handys und künstlich ein Zeitfenster schaffen für das persönliche Gespräch. Oder zum Nachrichten hören, wie früher halt.

Die technische Entwicklung erscheint segensreich. Und irgendwie vorgegeben. Allerdings wird sie auch durch unser Verhalten beeinflusst und gelenkt. Letzthin habe ich die Mutter eines Kindes sich beklagen gehört, dass die Anforderungen an junge Menschen in der digitalen Welt immer höher werden. Dagegen müsse man doch etwas tun. Während dem Gespräch surrte ihr Mobiltelefon unnachgiebig. Eingehende Nachrichten warteten anscheinend auf eine Antwort. Die Ungeduld der jungen Frau liess sich beinahe greifen, den Blick schnell wieder auf das Handy zu richten. Offensichtlich, unser Verhalten und unser Befinden wird zusehends von der Digitalisierung geprägt. Und wir machen dabei munter mit. Studien belegen, dass ein erwachsener Schweizer täglich mehrere Stunden im Internet surft.  Vor diesem Hintergrund fragt es sich, wie konsequent oder glaubwürdig es dabei bleibt, sich über die “neuen” Anforderungen an unsere Kinder zu beklagen. Oder ganz einfach die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen oder Begleiterscheinungen einer vernetzen, globalen Welt in Frage zu stellen und sich gleichzeitig derart aktiv ihrer Mechanismen zu unterwerfen.

Ich denke, die Veränderung fängt bei uns selber an. Und endet letztlich bei der Frage, ob wirklich jede technische Neuerung  den Fortschritt bringt, welchen wir tatsächlich wollen oder unsere Lebensqualität nachhaltig steigert. Der Philosoph Richard David Precht hat die Fragestellung wie folgt umschrieben: “In unserer Jugend träumten wir von der Besiedelung der Unterwasserwelt. Die Gegenwart sieht indessen komplett anders aus”. Vielleicht vergessen wir die Träume unserer Kindheit tatsächlich zu leichtfertig und lassen uns von einer technischen Entwicklung leiten, die nicht in jeder Beziehung den gewollten Nutzen stiftet.

Als vereinfachtes Beispiel: Selbst fahrende Fahrzeuge sind vielleicht ein technischer Fortschritt, aber wollen wir diese Entwicklung überhaupt? Auch wenn die Antwort oder Bewertung unterschiedlich ausfallen mag, die Frage bleibt wichtig. Weil die künftige technische und damit letztlich auch gesellschaftliche Entwicklung in erster Linie von den Menschen vorgegeben werden sollte und nicht von der Industrie, der Werbung oder dem Kommerz. Und ich glaube, heute würden mir die Meisten beipflichten, wenn ich behaupte: Wir hocken zu oft vor den Handys und lassen der Kreativität zu wenig Raum. Algorithmen bestimmen zunehmend unsere Realität.

Nur, das surrende Kommunikationsmittel einmal wegzulegen, ist gar nicht so einfach, selbst wenn man will. In diesem Sinne erscheinen die vorstehend kurz gestreiften Fragestellungen zum technischen Fortschritt und unserem Umgang damit aktueller denn je.

 

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