Mit der Annahme des revidierten Raumplanungsgesetzes im Jahr 2013 wurde eine neue Ära eingeläutet. Ziele der neuen Bestimmungen zur raumplanerischen Entwicklung der Schweiz sind ein sorgsamer Umgang mit dem Boden, die massvolle Festlegung der Bauzonen sowie die Entwicklung der Dörfer und Städte nach innen, bspw. durch verdichtetes Bauen oder das Schliessen von Baulücken. Den Kantonen wurde eine Frist von fünf Jahren gewährt, ihre Richtpläne den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Auch die Gemeinden sind gefordert. Die kommunale Ortsplanung muss den übergeordneten Erlassen angepasst werden. Dieser Anpassungsbedarf gilt im Übrigen nicht nur für den Richt- und Zonenplan, sondern auch für das kommunale Baureglement, welches zudem die Vorgaben des kantonalen Bau- und Planungsgesetzes (PBG) innert 10 Jahren umzusetzen hat. Dem Anspruch nach innerer Verdichtung soll auf kommunaler Ebene durch die Abschaffung der Ausnützungsziffer oder des grossen Grenzabstandes Nachdruck verschaffen werden.Was einfach klingt, bleibt im überbauten Raum eine schwierige Aufgabe.
Das Ansinnen und die Absicht des revidierten Raumplanungsgesetzes, einen haushälterischen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu gewährleisten, ist grundsätzlich richtig und nachvollziehbar. Trotzdem muss kommunal sehr genau evaluiert werden, wo und in welcher Qualität eine innere Verdichtung tatsächlich stattfinden kann und soll. Die inhaltliche Abschaffung oder Reduktion von baupolizeilichen Vorschriften, welche vielfach dem Erhalt der Wohn- und Lebensqualität dienen, darf nicht ohne Not passieren bzw. muss mit qualitativen Vorgaben begegnet werden.
Modellrechnungen haben gezeigt, dass bei schlichter Anwendung der Minimalvorschriften gemäss den Vorgaben des neuen kantonalen PBG künftig die Realisierung von Gebäudevolumina möglich bleiben, welche die bisherige Ausnützung um ein Mehrfaches überschreiten. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen, weder für den Nachbarn oder Anstösser noch für ein bestehendes Quartier als solches.
Baupolizeiliche Vorschriften dienen aber nicht zuletzt dazu, den nachbarschaftlichen Frieden zu gewährleisten. Die Kommunen tun daher gut daran, sich sehr genau zu überlegen, wo eine innere Verdichtung tatsächlich Sinn ergibt. Und mit welchen kommunalen Instrumenten verhindert werden soll, dass der nachbarschaftliche Frieden nicht zu Gunsten eines Renditedenkens von institutionellen Anlegern geopfert wird. Es gibt sie nämlich weiterhin, die Möglichkeiten zur sinnvollen Regulierung im Baurecht. Sei es über eine Baumassenziffer im Baureglement oder über die Einführung von Vorschriften zur situationsadäquten Bebaubarkeit im Zonenplan selber. Eines darf nämlich nicht ausser Acht gelassen werden: Die qualitativ gute Entwicklung einer Gemeinde geschieht unter Beachtung und Respektierung von bestehenden Strukturen sowie nachbarschaftlichen Interessen und schafft Erneuerung und Entwicklung vor allem dort, wo dies städtebaulich Sinn ergibt. “Verdichtung ” wird damit nicht als Selbstzweck oder neutrale bzw. qualitätsfremde Vorgabe verstanden, sondern vielmehr vor dem Hintergrund bzw. dem Selbstverständnis zur Notwendigkeit einer nachhaltigen Gesamtkonzeption, welche auch das Wohnen in einem Einfamilienhaus bzw. Einfamilienhausquartier nach wie vor nicht nur duldet, sondern situativ auch vorsieht. Entscheidend bleibt eine gute Mischung sowie der Anpruch, Qualität einzufordern.
Ortsplanerische Prozesse und die Möglichkeit zur Einflussahme auf konkrete Projekte werden also wichtiger denn je. Nur so kann es gelingen, die Attraktivität einer Gemeinde als Wohn- und Lebensraum beizubehalten und gefährlichem Renditedenken entgegenzutreten. Es steht viel auf dem Spiel.